Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten,
in Zeiten des Fachkräftemangels und seit immer mehr Tätigkeiten remote durchgeführt werden können, erfreut sich das Modell des „Employer of Record“ (EoR) zunehmender Beliebtheit. Doch die geänderte Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit könnte das Ende des EoR-Modells bedeuten – sofern sie vor Gericht Bestand hat. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, was sich geändert hat und was das für Ihr Unternehmen bedeuten kann.
Wie funktioniert das Modell des „Employer of Record“?
Das EoR-Modell ermöglicht es deutschen Unternehmen über zwischengeschaltete Agenturen Arbeitnehmer aus dem Ausland heraus remote für sich tätig werden zu lassen. Die Arbeitnehmer bleiben dabei Angestellte der Agentur, wodurch das deutsche Unternehmen nicht den Risiken und Komplikationen einer direkten Anstellung eines im Ausland tätigen Arbeitnehmers ausgesetzt ist.
Erleichterter Zugang zu internationalen Fachkräften
Man spart sich also die verkomplizierte Lohnabrechnung, die Einhaltung ausländischen Rechts, steuerliche Auswirkungen, die ggf. notwendige Gründung einer Auslandsniederlassung und viele weitere Erschwernisse. Die Agentur (EoR) übernahm gegen Vergütung die Pro-Forma-Anstellung und -Abrechnung des Arbeitnehmers nach den ausländischen Bestimmungen und stellte dessen Arbeitsleistung dem Unternehmen zur Verfügung.
Zudem ermöglicht das EoR-Modell einen erleichterten Zugang zu internationalen Fachkräften und unterlag bei korrekter Umsetzung bisher nicht den Beschränkungen des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG).
Bisher keine Anwendung des AÜG bei grenzüberschreitenden Remote-Tätigkeiten
Nach dem AÜG handelt es sich beim EoR-Modell i.d.R. um eine Form der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung. Nach dem sog. Territorialitätsprinzip findet das AÜG nämlich nur Anwendung, wenn das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist.
Davon nicht erfasst war bisher der Verleih durch einen ausländischen Verleiher an einen inländischen Entleiher, wenn der Leiharbeitnehmer ausschließlich im Ausland eingesetzt wurde, also nicht einmal zeitweise in Deutschland tätig wurden.
Die neue Verwaltungspraxis der Bundesagentur: Das Ende des EoR-Modells?
Nun hat die Bundesagentur für Arbeit ihre Verwaltungspraxis zum 15.10.2024 geändert. Sie hat dabei den Einzugsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) bei grenzüberschreitenden Konstellationen dieser Art auch auf Remote-Tätigkeiten aus dem Ausland ausgeweitet, wenn ein sog. Inlandsbezug besteht.
Bei ortsunabhängigen Arbeitsleistungen sei ein Inlandsbezug regelmäßig gegeben, sofern der Leiharbeitnehmer aus dem Ausland virtuell für einen inländischen Entleiher tätig wird, argumentiert die Bundesagentur für Arbeit. Dann soll diese Tätigkeit erlaubnispflichtig sein und die Regelungen des AÜG einzuhalten sein.
Wird das AÜG nicht eingehalten, soll eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vorliegen – mit weitreichenden Folgen für das deutsche Unternehmen. Damit erteilt die Bundesagentur für Arbeit dem Konzept des EoR eine klare Absage.
Was ist zu tun?
Eine endgültige Klarheit, ob diese geänderte Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit sich wirklich durchsetzen wird und vor den Gerichten Bestand hat, gibt es aktuell nicht. Rechtlich gibt es gute Argumente, die gegen die neue, durchaus fragwürdige Verwaltungspraxis der Bundesagentur sprechen.
Für eine Rechtssicherheit bedarf es einer höchstrichterlichen Klärung, die noch einige Jahre auf sich warten lassen wird. Bis dahin ist es sinnvoll, mögliche Alternativen zum EoR-Modell im Rahmen des Risikomanagements zu prüfen und die Handhabung ggf. umzustellen.
Bei Fragen rund um das Thema stehen wir Ihnen als Ansprechpartner gerne zur Verfügung.
Ihre Packowski Rechtsanwälte